musik spielte in meinem leben immer schon eine große rolle. mein großvater war musiker. mein vater sang sein halbes leben in einem chor. meine mutter hatte als jugendliche ihre eigene band.

ich lernte schon im volksschulalter klassische gitarre. ich geb's ja zu, mein eifer hielt sich wirklich in grenzen und nach fünf jahren unterricht gab ich auf.

jahrelang stand meine gute, teure gitarre in der ecke meines zimmers und ich berührte sie maximal dann wenn ich sie beiseite stellte um zu saugen.

später, als dann die lagerfeuerzeit kam, da schnappt ich mir mein instrument wieder. und oh wunder, ich hatte zumindest nicht alles verlernt.
meine gitarre wurde von da an für viele jahre meine treuste freundin. ich gab ihr einen namen und sie begleitete mich überall hin.
sie war bei mir in stillen stunden, in denen ich trost suchend auf ihr herumklimperte. sie war da wenn es wirklich spaßig wurde und wir am lagerfeuer sitzend die ganze nacht sangen.

dann kam wieder eine zeit, in der meine "gitti" ihr dasein in einer ecke fristen musste.

heute fiel sie mir irgendwie wieder in die hände. ich packte sie aus dem schon viele male geflickten gitarrensack aus, schaute sie an, strich über das holz, über die zerkratzte decke, die uralten völlig verschlissenen saiten.

dieses instrument könnte geschichten erzählen. und als ich sie auf meinem knie positionierte, die finger dehnte, auf ihr zu spielen begann kam es mir so vor als würde sie mir eine geschichte erzählen.

es war wirklich schön wieder einmal zu klimpern, zu summen und mich in erinnerungen zu verlieren.

meine fingerkuppen schmerzen jetzt zwar weil sie den druck auf die saiten nicht mehr gewöhnt sind aber ich habe meiner gitti im wohnzimmer neben dem bücherregal, der leselampe und dem lesesessel einen ehrenplatz gegönnt in der hoffnung dass ich sie wieder viel öfter zur hand nehmen und sie erzählen lassen werde.

krankgeschrieben zuhausezusitzen find ich ehrlich gesagt ziemlich langweilig. deshalb bin ich heute kurzerhand zu meiner arbeitsstelle gegangen, einfach um ein wenig abwechslung zu finden.
wollte mich eigentlich unbemerkt am wartezimmer vorbeischleichen. ich hab es nicht geschafft. nachdem mich mein "lieblingspatient" bereits in der garderobe entdeckt und mich in ein gespräch verwickelt hat, war es vorbei mit dem "heimlichen" besuch in den heiligen hallen der allgemeinmedizin.

der eine : "ah, frau doktor. schon vom urlaub zurück?"
der andere: "geh, die war ja gar ned im urlaub."
der eine: "ach so? was war denn los frau doktor?"
der andere: "krank war sie. eine operation hatte sie. was kosmetisches hab i g'hört."
der eine: "awa, gibt's ja ned! sowas machen sie, frau doktor?"
der andere: "sicher macht sie das. kost' sie ja nix. sicher gratis unter kollegen."
der eine: "also, das hätt i mir ned gedacht."
...

ich kam bei diesem kleinen wortwechsel gar nicht zu wort, stand daneben und wusst so gar nicht wie mir geschieht. vor allem weil ich ja eigentlich direkt angesprochen wurde und immer jemand anderes für mich antwortete.

ich werde nächste woche wieder einmal in der praxis vorbeischaun. mal sehen ob bis dahin dann schon klar ist welche kosmetische operation ich denn hinter mich gebracht habe. und ob sie denn erfolgreich war.

geärgert hat mich der dorftratsch noch nie besonders. und solange sie sich über mich den kopf zerbrechen, haben wenigstens die anderen ihre ruhe :-)

gibt es eine steigerungsform von alleine? alleiner?

so fühl ich mich jetzt gerade. ist kein besonders schönes gefühl.

mag nicht stören. niemanden. und schon gar nicht zur last fallen. und so bleib ich stumm ... alleine. alleiner.
werde es wohl lernen müssen.

baby, i got your number and i know that you got mine
but you know that i called you, i called you too many times
you can call me baby, you can call me anytime
but you got to call me

wie schnell es doch manchmal geht.
vor ein paar tagen noch wurde von hochzeit gesprochen und heute? heute soll da gar nichts mehr sein.

"wenn du das machst, dann bist du mich für immer los!"
wer mag es schon, wenn andere versuchen in ganz persönliche entscheidungen einzugreifen? wer bitte kann es schon leiden wenn jemand anderer versucht ganz wichtige entscheidungen so zu beeinflussen?
ich nicht!
und selbst wenn ich mir meiner sache nicht so sicher gewesen wäre, wäre ich es spätestens zu diesem zeitpunkt gewesen. ganz sicher! ich bin nämlich stur und ein alter dickkopf.
das hätte er eigentlich wissen müssen.

so aber hat er diese frage gestellt und jetzt tut es nicht einmal besonders weh. mich hätte es sicher wesentlich mehr verletzt wenn er mir eine andere frau vorgezogen hätte.

er ist gegangen. für immer (sagt er zumindest) und ich bin immer noch hier.
wer ist jetzt der stärkere von uns beiden? wer braucht jetzt mehr kraft?

ich weiß, dass er mich liebt. das hört ja nicht von heute auf morgen auf. ich weiß, dass auch ich ihn jetzt, morgen, übermorgen, in ein paar wochen, in einigen monaten, vielleicht auch in ein paar jahren immer noch lieben werde.
ich bin hier. er ist weg.
und was jetzt?

die scherben aufheben!
aufstehen!
weitermachen!
und einfach leben!
leben für dieses kleine wesen in meinem bauch!
und leben für mich! damit ich die ersten schritte dieses kleinen wesens erlebe.
für mich, damit ich da sein kann für dieses kleine wesen.
mein kind.
wie wunderbar das klingt!

ach du, baby!
ich werd kämpfen für dich, für mich, für uns beide!

und auf einmal spüre ich kraft für zwei in mir!

florian kommt heute.
nachdem er am freitag gegangen ist hatten wir heute den ersten kontakt. und diesmal werde ich es ihm nicht mehr so leicht machen.
ich habe meine entscheidung getroffen. ich habe mich für das kind entschieden. ich werde dieses kind kriegen. um jeden preis.

entweder er akzeptiert das und bleibt oder er heißt diese entscheidung nicht gut und geht. endgültig.

This time

This time
I won't show I'm vulnerable
This time
I won't give in first
This time
I will hold out with my love
This time
I will not be hurt

I'm gonna love myself
More than anyone else
I'm gonna treat me right
I'm gonna make you say
That you love me first
And you'll be the one with the most to lose tonight
This time

This time
I won't let my emotions rule my life
This time
I'm gonna keep my heart locked safe inside
This time
I'm gonna be my own best friend
This time
I'm gonna be the one

To win
Your love
Your affection
To hide
My fear
Of rejection
This time

tracy chapman

da lebt seit ein paar wochen in mir dieses kleine wesen, dieser kleine mensch. völlig unbemerkt. eigentlich dürfte das gar nicht passieren, denn die chemo lässt für solche dinge gar keinen raum. aber dieser kleine mensch hat einfach beschlossen dass er jetzt leben will, dass er genau in dieser situation in mir wachsen will.

ich habe mir das wochenende zeit genommen um eine entscheidung zu treffen. und ich weiß jetzt, dass dieses kind, nach zwei fehlgeburten wohl meine letzte chance auf nachwuchs sein wird. ich werde die chemo abbrechen und lieber dieses baby, diesen kleinen menschen, dieses wunder hätscheln und pflegen.

es kann doch wirklich kein zufall sein dass das passiert!

mein körper scheint sich mehr und mehr an die medikamente zu gewöhnen. die zeit, die ich auf der toilette verbringe wird weniger.

die selbstzweifel werden mehr und mehr. die kraft schwindet wie mir scheint. die vernunft erklärt mir ganz genau was ich zu tun habe. jede faser meines körpers sagt mir aber genau das gegenteil.

würd sehr gern nicht auf die vernunft hören!